Alfons' Berliner Schnauze

Ick bin ein Listenhund!

Ick frage mir in letzter Zeit häufig: Wat genau sind eigentlich Kampfhunde und warum sind die so gefährlich?


Sind Kampfhunde Hunde, die Kampfsport machen? Also zum Beispiel Boxer? Die Boxer, die ick kenne, kämpfen aber nicht. Nicht mal aus Versehen. Meine Freundin Deborah, eine Deutsche Boxerin, sabbert höchstens ziemlich auffällig aus ihre Schnauzenwinkel, wenn sie mir sehen tut. Gibt dit Kampfsabbern? Außerdem wackelt Deborah bei mein Anblick immer ganz aufgeregt mit ihrem Schwanz rum und will unbedingt zu mir hin. Dann zieht sie dolle an die Leine und kriegt von ihre Führungskraft Mecker. Gilt dit als Kampf?


Mein Kumpel Rowdy, der Rottweiler, ist ein echtes Kraftpaket. Mann, ist der muskulös! Und wie der erst läuft! Breitbeinig, als hätte der sieben Hoden dranne. Dabei ist der kastriert. Wegen sein imposantes Auftreten haben alle vor Rowdy Respekt. Deshalb hat der auch ein Riesenrevier. In Wirklichkeit schmeißt der sich aber immer gleich uffn Rücken, wenn jemand ein nettes Wort zu ihm sagt. Man kommt mit dem gar nicht richtig zum Spielen, weil der nur rumkuscheln will. Völlig sinnlos, dass der so viele Muskeln und so ein Gang hat! Rowdy geht problemlos als Kampfschmuser durch. Aber richtig kämpfen? Nicht sein Ding!


Der einzig wirkliche Kampfhund, den ick kenne, ist Charly, der Chihuahua. Der kläfft immer wie ein Irrer und tut ständig so, als ginge dit um sein Leben. De facto ist dit aber nie der Fall. Charly springt trotzdem todesmutig alle Menschen und Tiere an, die ihm so begegnen tun. Meistens wird er von die Besprungenen augenblicklich wieder abgeschüttelt. Wie ein lästiges Staubkorn. Damit dem Charly in seine Kampfeswut nüscht Ernsthaftes passiert, nimmt ihn seine Führungskraft uffn Arm, sobald ein Lebewesen in Sicht ist, dit größer ist als er. Dit ist bei so ziemlich alle Lebewesen außer Eichhörnchen und Mäusen der Fall.


Vielleicht ist dit mit die Kampfhunde ein echtes Missverständnis. Könnte ja ooch sein, dit die FÜR wat kämpfen:
•    für mehr Freilaufflächen für Hunde
•    für legales Ballspielen uff Wiesen
•    für mehr Firmen und Ämter, wo man Hunde mitnehmen kann
•    für eine Hundesteuer, die auch wirklich die Hunde zugutekommt (z. B. im Tierheim)
•    für die Abschaffung von die allgemeine Leinenpflicht
•    für die Förderung von Tiertafeln
•    …
Dann wären die Politiker deshalb so gegen die Kampfhunde, weil sie die kämpferischen Forderungen nicht erfüllen wollen!


Politikern traue ick persönlich ja alles zu. Ooch, Hunde wegen ihre Forderungen einfach als gefährlich einzustufen. Dit läuft dann in dit Hirn von ein Politiker so ab: Hunde haben Ansprüche (Auslauf, Spielen, Dabeisein …), die Geld kosten, aber keine Wählerstimmen bringen. Also ist der Hund eine gefährliche unzivilisierte Bestie, die permanent alle Menschen anfallen will und dazu noch überall hinscheißt. Außerdem übertragen hündische Bestien Krankheiten und machen Allergien. Ein Leben mit Hund ist unzumutbar. Punkt! Ausrufezeichen! Fertig!!! Dit geht dann als „differenzierte Argumentation“ in die Welt raus. Schon kriegt der Politiker die Stimmen von alle, die genauso denken wie er. Dit Beste für ihn ist: Er und seine Wähler können ihre Vorurteile behalten und als Wahrheit verkaufen. Toll!


Meine Führungskraft sagt gerade, ick bin voll uffm Holzweg. Dit heißt gar nicht Kampfhunde, sondern Listenhunde …


Wirklich???


Oh nein! Dann bekomme ich demnächst bestimmt für immer ein Maulkorb. Bitte nicht! Maulkörbe jucken und sind doof.


Andererseits lässt es sich aber nicht leugnen: Ick bin ein Listenhund!!!


In fast alle von meine Beiträge findest du eine Liste mit Dinge, die ick denke, die ick fordere, die ick ablehne usw.


Dit sind also listige Gedanken, die mich gefährlich machen. Ick hab mir neulich schon mal gefragt, warum mir meine Führungskraft immer einen Maulkorb verpasst, wenn wir Bus oder Bahn fahren. Jetzte ist dit plötzlich ganz klar: Dit hat wat mit meine immense Gefährlichkeit als Listenhund zu tun. Sie will nicht, dass ick meine brandgefährlichen Forderungen in die Öffentlichkeit verkünde.


Aber so einfach wie Charly lasse ick mir nicht abschütteln, wenn ick mir mal so richtig raubtierhaft an wat festgebissen habe, rein gedanklich, versteht sich:


Kein Hund hat dit verdient, aufgrund von seine Forderungen, seine Herkunft oder sein Aussehen von ein Politiker als „gefährlich“ eingeteilt zu werden. Deshalb kann diese ganze Idee von Listenhunde ruhig in ein Kotbeutel gepackt werden und in die BSR Tonne landen.


Vielleicht mache ick demnächst eine Demo mit Deborah, Rowdy und Charly. Uff mein Transparent schreib ick dann:
Tschüssikowski Liste!

Mit kämpferische Grüße
Euer Alfons

 

Johanna Stein