Alfons' Berliner Schnauze

Refugees welcome!

Hallo, ich bin‘s euer Alfons. Nee, Quatsch, natürlich nicht! Alfons ist ja im Urlaub.


Ich bin Jacky! Ich bin Hündin und Flüchtling. Meine Fotos seht ihr überall beim Berliner bmt – z. B. auf Facebook, Instagram, Gooding. Da, wo der bmt Berlin ist, ist mein Foto drauf. Ich bin sozusagen der bmt Berlin! 😉


Alfons hat mich gefragt, ob ich mal für ihn die Kolumne übernehme, während er Gott weiß wo unterwegs ist. Genau genommen hat er gesagt: „Na Hübsche, haste vielleicht Bock, mal een Beitrag für mir zu schreiben? Du hast doch echt wat zu erzählen!“ Ich habe ihn mit Fragezeichen in den Augen angeguckt, denn ich kann ja gar nicht berlinern. Aber er meinte: „Macht nüscht. Schreibste halt so normal. Wat über dein Leben. Dit verstehn die Menschen.“


Ehrensache, dass ich das mache!


Ich stelle mich also erst einmal richtig vor: Ich bin Ungarin. In Ungarn habe ich die erste Zeit meines Lebens mit einem ziemlich bösen Menschen verbracht. Schlimme Prügel gab es oft. Wenig Futter und keine Zuneigung. Zuneigung oder gar Liebe von Menschen kannte ich damals überhaupt gar nicht. Der Mensch, mit dem ich zusammen leben musste, war so garstig zu mir, dass mich die ungarische Polizei vor ihm rettete. GROSSER DANK. Ich wusste zwar nicht genau, was mit mir passiert, aber ich hatte das Gefühl, dass es noch etwas anderes geben könnte als Tritte und Prügel.
Ihr müsst übrigens nicht glauben, dass es so böse Menschen nur in Ungarn gibt. Was mir passiert ist, passiert täglich Hunden überall auf der Welt. Aber zurück zu mir. Die ungarische Polizei brachte mich in das Tierheim Kiskunhalas. Im Tierheim kam ich erst einmal in einen großen Zwinger. Im Gegensatz zu der kurzen Kette, an die ich bis dahin gewöhnt war, war das ein Traum. Ich konnte mich sogar ein paar Schritte bewegen. Jemand kümmerte sich um meine ganzen Verletzungen. Ich war so oft getreten worden, dass mir all meine Rippen wehtaten. Und mein Auge war leider nicht mehr zu retten. Aber es geht auch mit nur einem Auge! Fremde Menschen brachten mir regelmäßig richtiges Futter, keine vergammelten Lebensmittelreste und ich lernte frisches Wasser kennen. Ich dachte, ich bin im Schlemmerparadies angekommen und konnte gar nicht genug bekommen von den herrlichen Leckereien. Aber das überraschendste war, dass Menschen kamen und freundlich mit mir sprachen. Sie streichelten mich sogar. Das ist ein ganz unglaubliches Gefühl. Das Schönste auf der Welt ist, wenn man einen vollen Bauch hat und ein Mensch einem mit seiner Hand liebevoll das Fell zerzaust. Mir ging‘s prima. Von mir aus hätte es so weitergehen können.


Doch plötzlich bekam ich wieder richtig Angst. Eines Tages kamen Menschen, die ich nicht kannte. Ich kam in einen kleinen Käfig und wurde in ein großes Auto gestellt. Dort waren schon viele andere meiner neuen Hundefreunde aus dem Tierheim. Ich hatte die Hosen ordentlich voll. Aber ein paar von meinen Kumpels im Auto sagten, sie würden wissen, wohin es jetzt geht – nach Deutschland. Da sei es angeblich noch besser. Noch besser??? Geht doch gar nicht. Davon war ich überzeugt. Heute weiß ich: Geht doch!


Die beiden Männer vorne im Auto waren nett zu uns. Trotzdem hat die Fahrt ziemlich lange gedauert. Das Auto stoppte irgendwann und ich bin wieder in so einen großen Zwinger gekommen. Das Haus mit den vielen Zwingern war übrigens in Kassel und heißt „Wau-Mau-Insel“. Schöner Name für ein Haus mit Tieren. Wobei „Wau-Wuff-Bell-Insel“ wäre noch besser.
Dort blieb ich ein paar Tage. Plötzlich kam jemand. Ich musste an eine Leine. Das hat mir als ehemaliger Kettenhündin ungeheuerliche Angst gemacht. Am Anfang waren es immer andere Menschen, die kamen und mich an der Leine rumführten. Aber eine Menschenfrau kam besonders öfters. Aufgrund meiner Erfahrungen, die ich ja nicht einfach so vergessen konnte, schaute ich sie mir erst einmal skeptisch an und bellte vor Unsicherheit und Angst. Aber sie ließ nicht locker und hat sich Schritt für Schritt mein Vertrauen erobert. Nach einer kurzen Zeit wusste ich: „Die ist prima. Mit der kann ich Spaß haben und lachen!“. Sie hat mich sogar mit nach Hause genommen. Für immer. Seitdem weiß ich, was Liebe ist. Mein Frauchen ist die Beste auf der ganzen Welt.


Im ungarischen Kiskunhalas und in den Tierheimen im ungarischen Pecs und im rumänischen Brasov warten viele Hunde wie ich auf eine neue Heimat. Immer, wenn die zehn Tierheime des bmt Zwinger frei haben, kommen schwuppsdiwupp mehrere Hunde aus diesen Tierheimen nach Deutschland. Und das ist auch dringend notwendig, denn in Ungarn und Rumänien werden Hunde getötet, wenn sich die Besitzer*innen nicht melden. Da Hunde oft von der Straße kommen, meldet sich niemand. Die Tierschützer*innen in Ungarn und Rumänien machen wirklich alles, damit es uns besser geht. Straßenhunde hatten oft schlechte Erlebnisse mit Menschen. Deshalb sind sie erst einmal zurückhaltend und ängstlich. Manche bellen erst einmal ziemlich wild los, wenn sie völlig neue Menschen in der neuen Umgebung im Tierheim sehen. Manche ziehen sich völlig in die letzte Ecke zurück und werden kaum gesehen. Daher meine Bitte an euch Tierheimbesucher*innen – schaut bitte zwei- oder dreimal hin, wenn ihr euch ein neues Familienmitglied zulegen wollt. Und lasst euch bloß nicht vom Gebell abschrecken. Und noch was: Ich weiß, die jungen kleinen Hunde sind süß! Aber wir Alten und Großen haben auch eine Menge zu bieten. Wir wissen, wie wir eure Herzen öffnen können. Wir liegen drinnen zufrieden in der Ecke und draußen begleiten wir euch treu. Wir bringen euch den Ball zurück, wenn ihr das wollt. Warum ihr den immer wegwerft und ihr euch so riesig freut, wenn wir den für euch holen, habe ich bis heute nicht verstanden. Aber wir machen das gern, wenn es euch solche Freude bereitet. Hündinnen müssen ja nicht alles verstehen.


Also liebe Menschen: Auch wir wünschen uns ein angenehmes Plätzchen, Auslauf und leckeres Futter. Ja klar und gestreichelt werden wollen wir natürlich auch.


Habt ein Herz für Flüchtlinge!!!


Eure Jacky


PS: Nun hat mir Alfons, mein Lieblingsschreiber, doch noch beim Schreiben geholfen. So ein lieber Typ. Leider zu jung für mich. 😉