Mal über den eigenen Tellerrand schauen – immer gut fürs eigene Leben

Rumänien liegt für die meisten Menschen nicht unbedingt unter den Top Drei der Urlaubsländer. Viele kennen das Land nur aus dem Fernsehen. Und dort sieht man leider oft immer nur die gleichen Berichte. Von rumänischen Bettelbanden und Billigarbeitern haben die meisten schon einmal etwas gehört oder gelesen.

Doch für mich ist es ein wunderbares Land, in das ich immer gerne wieder sowohl privat als auch beruflich hinfahre. Im Juni war ich wieder für 10 Tage im Tierheim Brasov des AMP vor Ort und habe den dortigen Tierheimalltag erlebt und mitgemacht – letztes Jahr war ich bereits für zwei Wochen dort (siehe Ausgabe 02/17 unseres Mitgliedsmagazins „Das Recht der Tiere“). Dort können Sie nachlesen, wie wichtig es u.a. ist, über den eigenen deutschen Tellerrand hinweg zu schauen, damit Tierschutz über Grenzen hinweg funktioniert.

 

Doch was mich im Tierheimalltag dort immer wieder fasziniert, ist die Herzlichkeit der Menschen und den Tieren gegenüber. Obwohl, im Vergleich zu deutschen Tierheimen, dort viel mehr Tiere zu betreuen sind und die geringe Personaldecke nicht mit Deutschland zu vergleichen ist, versuchen alle Mitarbeiter/innen in den sehr wenigen freien Arbeitsminuten den Tieren noch etwas mehr Liebe zu geben, als es die sehr vielen Arbeiten eigentlich zulassen. Da werden auch mal problemlos immer wieder Tiere mit nach Hause genommen, die dringend regelmäßige Hilfe brauchen, auch wenn dies so gut wie keinen durchgehenden Schlaf bedeutet. Schnell merken daher auch die ehemaligen Straßenhunde, die oft keine guten Erlebnisse mit Menschen hatten, dass hier im Tierheim Menschen mit Herz sind und sie genießen daher jede Liebkosung.
Doch all dies ist, meiner Meinung nach, auch nur möglich, weil die Menschen u.a. untereinander sehr herzlich miteinander umgehen. Teilweise arbeiten sie mehr als zehn Jahre zusammen – und da kennt man die guten und schlechten Seiten des Anderen.
Unsere Sprache vor Ort war Englisch und wenn auch das nicht ging, dann haben wir uns eben mit Händen und Füßen erfolgreich verständigt, denn ich spreche nur ein paar sehr wenige Brocken Rumänisch.
Für meine dortigen „Kolleginnen und Kollegen“ war es selbstverständlich beim Bäcker Frühstücksleckereien für alle zu kaufen, für meinen Magen inbegriffen. Der Morgenkaffee wurde mir auch automatisch hingestellt, denn sie wussten nach kurzer Zeit, dass ich erst nach einem halben Liter Kaffee und ungesunden Zigaretten zu „gebrauchen“ war.
Die Gespräche unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liefen natürlich nur auf Rumänisch ab und da war ich unwissend. Da blieb für mich nur übrig, auf die Gestik und Mimik zu achten. Manchmal wurde laut gesprochen, aber am Ende des Gespräches lachten sie sich immer wieder an und sagten für mein Verständnis etwas Nettes zueinander. Besonders beeindruckt hat mich ein Gespräch zwischen Cristina (Vorsitzende des AMP) und Oana (Tierheimleiterin). Ich habe zwar wieder kein Wort verstanden, aber die Mimik und Gestik sprachen eine eindeutige Sprache. Sich an die Hände zu fassen und auch mal schweigend voller Vertrauen einfach nur anzuschauen war normal. Und auf Englisch sagte mir dann Cristina, dass dies ihre Familie sei.
Vom Tierarzt wurde ich nach Hause eingeladen (um gemeinsam ein WM-Spiel zu schauen). Seine beiden kleinen Söhne waren auch im Fußballfieber und nutzten dann den Flachbildschirm auch ab und an mal als Tor für den Plastikfußball – bei uns in Deutschland wahrscheinlich der Beginn eines Familienstreites. Dort war es jedoch das Normalste der Welt. Und wenn man sich dann privat sah, war ein Begrüßungskuss auf beiden Wangen das normalste der Welt – für mich als Deutscher am Anfang ziemlich ungewohnt.
Meine ganz anderen Fragen zu Rumänien wurden beantwortet, ohne dass mal komisch geschaut wurde. Warum im Land Müll rumliegt, viele Häuser auf deren Fertigstellung warten und viele Häuser zum Verkauf angeboten werden, das wusste ich aber bereits vorher, denn in einem „Armenhaus“ Europas sind ganz andere Sachen wichtiger als bei uns.
Es ist und bleibt grausam, dass in den Tierheimen Rumäniens Hunde, wenn sich deren Besitzer innerhalb von zwei Wochen nicht meldet, getötet werden. Doch in Brasov und der angrenzenden Gemeinde Zarnesti passiert dies dank des AMP und der großen Herzen der dortigen Mitarbeiter nicht mehr.

Von Cristina und Oana wurde ich oft gefragt, wann ich wieder kommen werde – denn meine zehn Tage waren ja leider begrenzt. Zum Abschluss sagte mir Christina, dass ich zur Familie dazugehöre und von Beiden erneut eingeladen. Ich freue mich sehr darüber und diese Menschen dort fehlen mir in meinem wunderschönen und tollen Berlin. Doch ich weiß, dass diese Menschen dort und der Auslandstierschutz ein Teil meines Lebens sind. Daher überlege ich natürlich schon wieder, wann ich dort sein kann.

Rolf Kohnen
Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. Berlin


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